Synagogen

Anton Kaspar Freitag

Bevor am 18. Dezember 1767 die erste gebaute Synagoge auf dem Grundstück von Moses Liepmann in der Potsdamer Nauenschen Plantage Nr. 1 in Anwesenheit des Prinzen und der Prinzessin von Preußen eingeweiht wurde, gab es für die kleine jüdische Gemeinde der Stadt eine Synagoge in der Plantagen-Quergasse 4. Diese Verbindung zum Wilhelmplatz, dem heutigen Platz der Einheit, erhielt 1786 den Namen Ebräerstrasse. Denn hier kamen seit Gemeindegründung alle Juden der Stadt zu Gottesdiensten zusammen, die nach orthodoxem Ritus stattfanden. Eingerichtet war diese Synagoge mit einem rituellen Bad (Mikwe), für das eine Badefrau angestellt wurde. Außerdem beschäftigte die Gemeinde einen Lohndiener und einen Totengräber.

Der neue Standort bot den Potsdamer Juden viel mehr Platz. Der Kantor wohnte im Vorderhaus, das auch für den Religionsunterricht genutzt wurde. Im Hinterhaus traf man sich zu den regelmäßigen Gottesdiensten. Allerdings führten der morastige Untergrund des gesamten Platzes, an dem sich die Nauenschen Plantage befand, und eine unzureichende Pfahlgründung Anfang der 1790er Jahre zu erheblichen Baumängeln an einigen Gebäuden. Davon betroffen war auch sogenannte Judenschule in der Hausnummer 1 mit der dahinter liegenden Synagoge. Da das Gotteshaus einsturzgefährdet war, entschloss man sich 1795 zum Abriss. Allerdings bezweifelte dies der spätere Rabbiner Robert Kaelter. Er war der Meinung, dass lediglich der hinter dem Vorderhaus befindliche Tempel einen kompletten Umbau erfuhr. Es gibt heute allerdings kaum noch Unterlagen, die einen Hinweis auf diese Bautätigkeiten geben könnten.

Bis zur Neueinweihung der Synagoge im September 1802 aus Anlass des jüdischen Neujahrsfestes traf sich die inzwischen auf 174 Mitglieder angewachsene Gemeinde in einem Ausweichquartier in der Nähe. Insgesamt hatten die Juden aber nur zwei Jahrzehnte Freude an dem Bau. Denn schon 1825 bereitete er ihnen erneut Sorgen und machte Geldausgaben für Reparaturen erforderlich. 1844 waren gar der Keller und damit die Mikwe versumpft und unbenutzbar. Gottesdienste fanden aber weiterhin statt. Da die jüdische Gemeinde stetig wuchs, nutzte sie für besondere jüdische Feiertage seit Mitte der 1850er Jahre zusätzlich das Palais Barberini am Alten Markt.

Aufgrund der anhaltenden Baumängel und des knappen Platzes für die ungefähr 500 Juden des Synagogenbezirkes, beschloss die Jüdische Gemeinde Potsdams 1885, eine komplett neue und größere Synagoge am gleichen Ort zu errichten. 1899 kaufte sie zunächst das Nachbarhaus Wilhelmplatz 2, damit hier die Wohnung des Kantors und das Gemeindezentrum untergebracht werden konnten. Außerdem lebten dort einige Personen zur Miete, was eine der wenigen Einnahmequellen der jüdischen Gemeinde darstellte. Andererseits fungierte dieses Haus dann gleichzeitig als Notausgang für die Synagoge. Für den Wilhelmplatz 1 sah der zweite Entwurf des Architekten Julius Otto Kerwien ein Gebäude im Stil des Neobarock vor. Dessen Errichtung genehmigte Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1901, weil nun auch die Fassade aus rotem Mainsandstein im Einklang mit dem benachbarten neuen Post-Gebäude stand. Bereits am 17. Juni 1903 erfolgte die Einweihung des Gotteshauses unter Anwesenheit zahlreicher Prominenz. Nun mussten die Juden nicht mehr im Verborgenen beten, sondern zeigten mit ihrer Synagoge an repräsentativem Ort stolz, dass sie in der Potsdamer Gesellschaft integriert waren.

Der prächtige Betsaal umfasste insgesamt 316 Plätze, 154 für Männer und 162 auf zwei Emporen für Frauen. Entsprechend der Ausrichtung der Gottesdienste nach dem Ritus des Reformjudentums war die Gebetssprache Deutsch.

Auch gehörte eine für die Zeit sehr moderne, elektrische Orgel zur Ausstattung. Der Organist der Garnisonkirche, Prof. Otto Becker, liebte es, auf ihr zu spielen. Bis das Naziregime an die Macht kam, begleitete er auf diesem Instrument den Gottesdienst und wurde hierbei vom Synagogenchor unterstützt.

Am 9. November 1938 wurde die Synagoge geschändet und die Inneneinrichtung zerstört. Sie wurde aber nicht in Brand gesteckt, um die im Nachbargebäude untergebrachte Hauptpost zu schützen. Gottesdienste konnte die immer kleiner werdende Jüdische Gemeinde Potsdams hier nicht mehr durchführen. Man traf sich fortan im Wohnzimmer der Familie Gersmann in der Brandenburger Str. 19. Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Potsdams wurde gezwungen, das Gebäude der Synagoge am 30. Mai 1939 an die Reichspost zu verkaufen. Fortan nutzte es die im Nachbargebäude befindliche Hauptpost als Hörsaal für gemeinschaftlichen Rundfunk- und Fernsehempfang.

Während der Zerstörung der Potsdamer Innenstadt durch britische Bomben in der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 wurde auch die Synagoge schwer getroffen. Zu diesem Zeitpunkt war jüdisches Leben in der Stadt bereits ausgelöscht. Zehn Jahre später riss man die Ruinen ab und baute an ihre Stelle ein Wohnhaus. Seit dem 9. November 1979 erinnert eine von Theodor Goldstein initiierte Gedenktafel an die einstige Synagoge.

Foto: Anton Freitag

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es keine jüdische Gemeinde mehr in Potsdam, bis 1991 Juden aus der untergehenden Sowjetunion zuwanderten. In einem DDR-Plattenbau hinter dem Film-Museum richtete man eine Synagoge mit Gemeindezentrum ein. Dieses Gebäude musste allerdings für einen geplanten und vom Architekturbüro Haberland entworfenen Synagogen-Neubau weichen. Am 9. November 2018 wurde sein Baubeginn für das Jahr 2020 angekündigt, sofern alle Streitereien gelöst sind. Die Kosten von rund acht Millionen Euro übernimmt das Land Brandenburg. Als Zwischenlösung nutzen die inzwischen drei existierenden jüdischen Gemeinden andere Räumlichkeiten innerhalb des Stadtgebietes als Synagoge, u.a. ein umgebautes ehemaliges Gebäude der Berufsfeuerwehr.

Aktuell entsteht auf dem Campus der Universität Potsdam ein Neubau, in dem bald das Abraham Geiger Kolleg untergebracht sein wird. Dieses Seminar wurde am 17. August 1999 gegründet und bildet liberale Rabbiner und Kantoren aus. Eine hierfür benötigte Übungssynagoge ist darum Teil dieser Planung.

Literatur und Quellen:

Robert Kaelter: Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Potsdam, Potsdam 1903 (Reprint Edition Hentrich, Berlin 1993).

Thomas Sander: „Heilig dem Ewigen“ – Die Potsdamer Synagoge von Julius Otto Kerwien, in: Schriftenreihe zur Stadt- und Kunstgeschichte Potsdams 2, hrsg. Förderverein des Potsdam-Museums e.V., Potsdam 2012.

Abraham Geiger Kolleg, in: http://www.abraham-geiger-kolleg.de (09.05.2019)

Auskunft Dr. Wolfgang Weißleder, vom 3. April 2019.

Beitragsbild: Wilhelmplatz, Synagoge mit Hauptpost (1935), Hersteller: Städtische Lichtbildstelle Potsdam (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte

Beitragsbild Kurzfassung: Anton Freitag