Wohnhaus Selma Neumann

Selma Neumann wurde am 1. Februar 1862 als Tochter der einflussreichen Potsdamer Bankiersfamilie Louise und Adolf Horrwitz geboren und wuchs mit ihrem Bruder James in der Nauener Straße 41 auf. Sie gehörte dem gehobenen Bürgertum an, nahm selbstverständlich am gesamten gesellschaftlichen Leben der Stadt teil und war mit dem angesehenen praktischen Arzt Dr. med. Hermann Neumann verheiratet. Als Sanitätsrats und Geburtshelfer betrieb er im Haus seiner Schwiegereltern eine Arztpraxis, die sowohl Juden als auch Nichtjuden offen stand. Zusätzlich war er Vorstandsmitglied der Potsdamer Synagogengemeinde. Hermann Neumann starb am 6. Dezember 1935 im Alter von 76 Jahren und bekam aufgrund seiner Verdienste ein Grab in der Ehrenreihe des Potsdamer Jüdischen Friedhofs.

Ihre gemeinsame, in Potsdam geborene Tochter Charlotte hatte den letzten Potsdamer Rabbiner, Dr. Hermann Schreiber, geheiratet. Gemeinsam konnten beide bereits Anfang 1939 nach Großbritannien auswandern. Ihrem Sohn Paul gelang zuvor die Flucht nach Schweden. Die allein zurückgebliebene, verwitwete Selma Neumann musste aufgrund der „Judenvermögensabgabe“ im Frühjahr 1939 ihren gesamten Besitz auflisten und abgeben. Darunter waren Familienerbstücke und Hochzeitsgeschenke, wie beispielsweise Schmuck und Silberbesteck. Ihr Vermögen wurde auf circa 115.000 Reichsmark geschätzt, unter anderem wegen ihres Anwesens am Neuen Garten. Außerdem gehörte ihr das Haus in der Nauener Straße, das sie von ihrem 1908 gestorbenen Vater geerbt hatte.

Durch die Einschränkungen, die die Nürnberger Rassegesetze festlegten, wurde Selma Neumann ein Verfügungsverbot über ihre Wohnungen und Geschäftshäuser auferlegt. Ihre Nachbarn ersteigerten wenig später alle wertvollen Möbel und andere Einrichtungsgegenstände. Das Haus kaufte Friedrich Staar, dem das gleich nebenan gelegene Kino „Residenz-Lichtspiele“ gehörte.

Am 19. August 1942 wurde die mittlerweile 80-Jährige Selma Neumann mit dem 45. Alterstransport ins KZ Theresienstadt deportiert. Sie starb dort aufgrund der Anstrengung und der vielen Entbehrungen, die sie durchlebte, am 27. September 1942.

Heute erinnert an das Ehepaar Neumann das Familiengrab auf dem Jüdischen Friedhof Potsdam mit einer Gedenkschrift. Außerdem wurde 2008 für Selma Neumann ein Stolperstein direkt vor ihrem ehemaligen Haus verlegt, in der Friedrich-Ebert-Straße 13.

Literatur:

Vereinigung für Jüdische Studien e. V. (Hrsg.), in Redaktion von Anke Geißler-Grünberg: Spurensuche auf dem jüdischen Friedhof Potsdam. Eine Handreichung für den Unterricht, Potsdam ²2016, S. 40-41.

Internet:

Landeshauptstadt Potsdam: Aktion Stolpersteine, in: https://www.potsdam.de/kategorie/aktion-stolpersteine/page/1/0 (03.04.2019)

Autorin und Beitragsbild: Anna Rissmann