Gedenktafel Ludwig Levy

Es gibt in ganz Potsdam 267 Gedenktafeln, -steine und –stelen, die an historische Bauwerke, Ereignisse, Personen und Institutionen erinnern. Der größte Anteil derer stammt aus der Zeit von 1990 bis 2015, wobei einundzwanzig für Opfer des Nationalsozialismus, fünfzehn für die Opfer der Berliner Mauer, vierzehn für die Männer des 20. Juli 1944 und fünf für die Potsdamer „Gerechten unter den Völkern“ errichtet wurden. Die im Mai 1994 gegründete Gedenktafelkommission Potsdams ist für die Prüfung der Anträge auf Gedenktafeln zuständig. So soll eine Überflutung durch Gedenktafeln verhindert werden. Kriterien sind hierbei

a) das öffentliche Interesse,
b) die regionale, nationale oder gar internationale Bedeutung und
c) der ersichtliche Bezug zu Potsdam.

Das Geschichtsbewusstsein lebt durch diese wichtigen Erinnerungsstücke auf und wird gestärkt.

Eine der 21 Gedenktafeln der Opfer des Nationalsozialismus ist seit dem 07. Dezember 2013 am Plenarsaal des Potsdamer Rathauses zu finden. Sie gebührt dem jüdischen Rechtsanwalt Dr. Ludwig Levy.

Foto: Katharina Pregla

Ludwig Levy wurde am 07. Dezember 1883 in Potsdam als Sohn einer alteingesessenen jüdischen Familie geboren. Nach dem Besuch des Potsdamer Auguste-Viktoria-Gymnasiums, des heutigen Hermann-von-Helmholtz-Gymnasiums, und dem Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg, München und Berlin folgten seine Promotion in Leipzig und ein Referendariat am Kammergericht Berlin. 1910 ließ er sich als Rechtsanwalt in Potsdam nieder. Von 1916 bis 1918 diente Ludwig Levy als Soldat im Ersten Weltkrieg und wurde für seine Verdienste mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet. Nach seinem Eintritt in die SPD 1921 vertrat er selbige seit 1928 als einer von acht Abgeordneten in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Hier war Dr. Ludwig Levy stellvertretender Vorsitzender und Mitglied im Finanzausschuss.

Mit dem Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ und dem „Gesetz über die Zulassung der Rechtsanwaltschaft“ vom 7. April 1933 erhielten die meisten jüdischen Rechtsanwälte Berufsverbot. Als Teilnehmer des Ersten Weltkrieges war Ludwig Levy davon nicht betroffen. Als die Nazis ihm im Mai 1933 aber ein Vertretungsverbot auferlegten, da er angeblich Kommunisten juristisch vertreten hatte, wurde auch ihm die Lebensgrundlage genommen. Nur zwei Tage nach dem reichsweiten Verbot der SPD vom 24. Juni 1933 wurde Dr. Ludwig Levy verhaftet und in das zeitgleich geschaffene Konzentrationslager Oranienburg deportiert. Im Juli desselben Jahres wurde er wieder entlassen, jedoch galt weiterhin ein Berufsverbot. So war er gezwungen, in der Konservenfabrik Lehmann, dem Unternehmen seines Schwiegersohnes, zu arbeiten. Am 10. November 1933, am Tag nach der Reichspogromnacht, wurde der Rechtsanwalt erneut festgenommen und in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt. Nachdem das jüdische Unternehmen in Abwesenheit des Familienvaters 1938 „arisiert“ und der Familie die letzte würdige Verdienstmöglichkeit entzogen worden war, erwog sie ihre Emigration nach Palästina. Mit der Auflage, Deutschland umgehend zu verlassen, kam Ludwig Levy wenig später frei und setzte seinen Plan in die Tat um: Er siedelte mit seiner Frau Antonia nach Palästina um, wo er als Zivilbeschäftigter bei der britischen Armee arbeitete. Das Regime, das sie aus ihrer Heimat vertrieben hatte, verfolgte sie auch weiterhin, denn 1940, nach 34 Jahren des erfolgreichen Berufslebens, erkannte die Universität Leipzig Ludwig Levy den Doktortitel ab.

Später emigrierte das Ehepaar weiter nach Australien zur gemeinsamen Tochter Irene, deren Mann und ihrem Kind. Als Emigrant verdiente sich Ludwig Levy dort seinen Lebensunterhalt als Büroangestellter, Buchprüfer und teilweise auch als Arbeiter in einer Textilfabrik. Das waren keineswegs Berufe entsprechend der ursprünglichen Profession und weit unter der eigentlichen Qualifikation.

Seit Ende 1965 engagierte sich Ludwig Levy in der „United Restitution Organization“ als juristischer Berater und bemühte sich intensiv für die Durchsetzung jüdischer Entschädigungsforderungen von Verfolgten des untergegangenen nationalsozialistischen Regimes. Ludwig Levy starb am 22. Dezember 1966 in Sydney im Alter von 83 Jahren.

2001, 35 Jahre nach seinem Tod und 61 Jahre nach der Aberkennung des Doktortitels rehabilitierte die Universität Leipzig Dr. Ludwig Levy. Nach dem Anbringen der Gedenktafel am Potsdamer Plenarsaal am 20. August 2011 beschloss die Stadtverordnetenversammlung im Oktober 2012 die Umbenennung einer Straße in Potsdam in Ludwig-Levy-Straße. Diese Änderung hätte sowohl das Verschwinden des altehrwürdigen Straßennamens „Friedhofsgasse“ als auch unselige Diskussionen hervorgerufen. Um den Namen Ludwig Levy zu schützen, wurde das geplante Vorhaben bislang nicht umgesetzt.

Literatur:

Kurt Baller / Siegfried Lück: Gedenktafeln, -steine und Stelen in Potsdam, Barleben 2016, S. 205f.

Hans Bergemann / Simone Ladwig-Winters: Für ihn brach die Welt, wie er sie kannte, zusammen … Juristen jüdischer Herkunft im Landgerichtsbezirk Potsdam, Köln 2003, S. 42-77, 101-134.

Jaha: Levy-Straße wird zum Streitfall, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, vom 13.02.2013.

Internet:

Landeshauptstadt Potsdam: Ehrendes Gedenken an Dr. Ludwig Levy, in: https://www.potsdam.de/content/795-ehrendes-gedenken-dr-ludwig-levy (03.04.2019)

Landeshauptstadt Potsdam: Landeshauptstadt Potsdam ehrt Dr. Ludwig Levy, in: https://www.potsdam.de/content/807-landeshauptstadt-potsdam-ehrt-dr-ludwig-levy (03.04.2019)

Autorin: Liv Kroenes