Gedenktafel Heinrich Heine

Es gibt in ganz Potsdam 267 Gedenktafeln, -steine und –stelen, die an historische Bauwerke, Ereignisse, Personen und Institutionen erinnern. Der größte Anteil derer stammt aus der Zeit von 1990-2015, wobei einundzwanzig für Opfer des Nationalsozialismus, fünfzehn für die Opfer der Berliner Mauer, vierzehn für die Männer des 20. Juli 1944 und fünf für die Potsdamer „Gerechten unter den Völkern“ errichtet wurden. Die im Mai 1994 gegründete Gedenktafelkommission Potsdams ist für die Prüfung der Anträge auf Gedenktafeln zuständig. So soll eine Überflutung durch Gedenktafeln verhindert werden. Kriterien sind hierbei

a) das öffentliche Interesse,

b) die regionale, nationale oder gar internationale Bedeutung und

c) der ersichtliche Bezug zu Potsdam.

Das Geschichtsbewusstsein lebt durch diese wichtigen Erinnerungsstücke auf und wird gestärkt.

Heinrich Heine, ein berühmter Dichter und Denker jüdischer Abstammung des 19. Jahrhunderts, ist nicht zuletzt bekannt für seine intelligente Ausdrucksweise in Schriften. Den dritten Teil seiner weltberühmten Reisebildern verfasste er in der damaligen Hohewegstraße 11 (heute Friedrich-Ebert-Str. 121). Dies ist der Grund für die dort am 15. Dezember 1956 angebrachte Gedenktafel, wenn auch der Aufenthalt Heines in Potsdam leider nur auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt war: vom 17. April 1829 bis ungefähr Mitte Juli desselben Jahres.

Foto: Katharina Pregla

Was bewegte einen Mann wie Heinrich Heine dazu, eine Stadt wie Potsdam aufzusuchen, wo er sie doch in seinem zweiten Brief vom 16. März 1822 als „großen Krähenwinkel“ bezeichnete. Natürlich stellte die günstige Nähe zu Berlin einen der primären Gründe für den Aufenthalt in Potsdam dar. Jedoch lockte die Potsdamer Ruhe sowie die um einiges günstigeren Wohnräumlichkeiten Heine von seinem eigentlichen Wunschort weg. Auch blieb die Hauptstadt ein wichtiger Bezugspunkt. Am Ende spielte jedoch der Zufall, wie es so oft passiert, eine große Rolle. Dies geht unter anderem aus einigen Briefwechseln mit Freunden hervor. So schrieb er an Friderike Robert im Mai 1829 er käme sich in der Tat vor wie „Robinson auf einer einsamen Insel- mein Stiefelputzer ist mein Freytag, die Hausmägde sind die Lamas usw.“

Nichtsdestotrotz bot die Potsdamer Politik, Gesellschaft und Kultur einen nicht enden wollenden, unverzichtbaren Vorrat an Ideen. Ein gewisser graziöser Respekt drückt sich also trotz allem Sarkasmus den Schriften aus. Auch am Schriftbeispiel zu erkennen ist die Assoziationstechnik, die Heinrich Heines Prosastil später stark ausmachte.

In seiner Zeit als Potsdamer Stadtbewohner machte und empfing Heinrich Heine viele Besucher, u.a. seinen Bruder Maximilian. Eine noch viel größere Rolle spielte jedoch Julius Campe. Als dieser dem Autor nach der Leipziger Messe den „Romantischen Ödipus“ von August Graf von Platen vorstellt, weiß jener noch nicht, dass dieser später Anlass zum Literaturstreit im dritten Teil der Reisebilder wird. Doch Heine tätigt auch oft Besuche in Berlin. So fährt er zum Beispiel auch oft zum Ehepaar August und Rahel Varnhagen. Während der damals in Literaturkreisen sehr bekannten Salontreffen, der (übrigens auch jüdischen) Dame Rahel blieben lustige Anekdoten auch hier nicht aus.

Doch weder die Besuche, noch das geschäftige Treiben Potsdams sind es, die Heine am meisten gefallen haben müssen. Die freie Natur Potsdams und die Begegnung mit dem Ehepaar Stieglitz, das dort einen achttägigen Urlaub verbrachte, spielten eine große Rolle. So geht aus den Briefen seiner Freundin und (wenn man dem damaligen literarischen „Potsdam-Führer“ Karl Voß Glauben schenken darf) heimlichen Liebe Charlotte Stieglitz hervor, dass er häufig Spaziergänge mit ihr und ihrem Mann unternahm. Die Theorie der Geheimen Liebe basiert vor allem auf dem Schriftwechsel der beiden. So bezeichnete die Ehefrau die Stunden mit Heine als „untergegangenes Paradies aber herrlich in Erinnerung“. Des Weiteren zitiert Karl Voß aus einem nicht nachgewiesenen Brief Heines an die Geliebte, dessen Tonfall und ausdrückliche Korrektur der Hausnummer auf die Echtheit schließen lassen. Unabhängig von den wahren Umständen um die eventuelle Liebschaft der beiden sollte das Leben der Dame gegen Ende 1834 mit ihrem Selbstmord ein jähes Ende finden. Infolge dessen brodelte die Gerüchteküche auf Böseste. Ihr wurde sogar nachgesagt, ihren Mann so zu dichterischen Höchstleistungen angespornt haben zu wollen.

Während am Anfang seiner Aufenthaltszeit in Potsdam die Einsamkeit ein steter Begleiter zu sein schien, besserte sich dieser Zustand mit rasanter Geschwindigkeit. So schrieb Heine am 30. Mai 1829 an besagte Friderike Robert, ein ganz einsamer Robinson sei er nicht mehr. Einige Offiziere seien bei ihm gelandet, Menschenfresser. Am Abend sei er sogar in einer Damengesellschaft gelandet und hätte zwischen einigen dicken Potsdamerinnen gesessen wie Apoll unter den Kühen der Admet.

Das Arbeiten rückte jedoch keinesfalls in den Hintergrund. Die Zeit nutzte Heine vor allem als Erinnerung an die Italienreise, aus den Eindrücken später der bereits erwähnte dritte Teil der Reisebilder entstand. Eine grobe Vorform gab es zwar für die Reise von München nach Genua, besonders widmete er seine Zeit allerdings den Bädern von Lucca. In jenen ist auch der bereits erwähnte, nicht mindere Anteil des „Romantischen Ödipus“ verarbeitet. Dass er sich durch „die Infamie, die sosehr nach Erbärmlichkeit schmeckte, sehr verletzt fühlte“ lässt nicht auf eine positive Einstellung schießen. Der Streit der beiden Autoren beschränkte sich im Wesentlichen darauf, dass August Graf von Platen Heine aufgrund seiner jüdischen Herkunft und Heine Platen seiner Homosexualität wegen angriff. Die aus der negativen Reaktion der Leserschaft resultierenden Folgen sind wohl einer der Gründe für Heines Umsiedlung nach Paris.

Heines Zeit in Potsdam, wenn sie auch sehr kurz war, wurde von viele Faktoren geprägt und hatte durchaus eine Nachwirkung in seinem späteren Leben.

Literatur:

Kurt Baller / Siegfried Lück: Gedenktafeln, -steine und Stelen in Potsdam, Barleben 2016, S. 149f.

Joseph Anton Kruse: Heinrich Heine, Frankfurt (M) 2005, S. 11-72, 98-101.

Ders.: Heinrich Heine in Potsdam 1829, Frankfurt (O) 2004.

Internet:

Lernhelfer, in:
https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/rahel-varnhagen (12.05.2019)

Autorin und Foto: Katharina Pregla