Landgericht Potsdam

Das Landgericht Potsdam ist eines von vier Landgerichten im Bundesland Brandenburg und umfasst mehrere Amtsgerichte im regionalen Umkreis. 2002 begann das Engagement des Landgerichts, eine Dokumentation über die Schicksale jüdischer Juristen im Landgerichtsbezirk Potsdam zu drehen. Daraufhin folgten andere Projekte, u.a. eine Ausstellung des Landgerichts im April 2018 zu jüdischen Juristen.

Im 19. Jahrhundert führte die Industrialisierung in Deutschland zu einer Verrechtlichung des Alltags, für den bestehende Rechte und Vorschriften angeglichen oder neue Regelungen definiert werden mussten. So befassten sich mehr Juden mit dem Rechtswesen; der Anteil von jüdischen Juristen stieg trotz anhaltender Ausgrenzung. Die Zulassung als Notar oder Rechtsanwalt war allerdings an die Konversion zum Christentum gekoppelt. Mit einem Gesetz von 1869 wurden für das Gebiet des Norddeutschen Bundes alle bis dahin einschränkenden Regelungen für Juden aufgehoben. Dies war ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichstellung. 1870 wurde erstmals ein jüdischer Jurist zum Richter bestellt. In den nächsten Jahrzehnten verbesserte sich das Verhältnis zwischen jüdischen und nichtjüdischen Einwohnern Potsdams. In den jüdischen Gemeinden traten liberale Tendenzen in den Vordergrund. Im Jahr 1914 war es für viele Juden selbstverständlich in den Krieg zu ziehen, da sie Preußen als ihre richtige Heimat ansahen.

Nach dem Ersten Weltkrieg verschlechterte sich die Situation der Juden durch den stärker werdenden Antisemitismus. Nach der Machtergreifung durch Hitler kam es im März 1933 zur Vertreibung von jüdischen Justizbeschäftigten von ihren Arbeitsplätzen in ganz Deutschland. Am 1. April 1933 kam es durch einen reichsweiten Boykott jüdischer Einrichtungen, der auch in Potsdam zum Eklat führte und die Lage zuspitzte. Nach dieser Aktion wurden alle jüdischen Juristen „beurlaubt“ und jüdischen Anwälten Hausverbot erteilt bzw. der Entzug ihrer Einzelzulassung angestrebt. Die Nürnberger Rassegesetze im September 1935 spalteten die Gesellschaft endgültig in jüdisch und nichtjüdisch. Juden wurden die Bürgerrechte aberkannt und es wurde zwischen „Volljuden“ und „Mischlingen“ differenziert, das als Akt der höchsten Verachtung von Menschenleben zu sehen ist. Alle noch im Amt verbliebenen jüdischen Beamten wurden entlassen. Neben vielen Vorschriften kam es oft zu Fällen von Schutzinhaftierung. Neben dieser Gefängnishaft wurden ein Großteil der männlichen Juden zwischen 20 und 60 Jahre, insgesamt mehr als 30.000, in Konzentrationslagern inhaftiert.

Über das Leben der jüdischen Juristen nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist nicht viel bekannt. Einige führten ihr Leben im Ausland fort, doch fraglich ist, ob man nach einer Zeit von Ausgrenzung, Ausraubung und schließlich Ausrottung noch ein glückliches Leben führen kann. Wenn man wie Ernst Westphal in Deutschland überlebt hatte und in den 1950er Jahren einen Antrag auf Wiedergutmachung stellte, musste man mit langen Wartezeiten und der Frage nach Beweismaterial rechnen. Dies stellte in den meisten Fällen große Probleme dar, weil die Betroffenen meist alle Unterlagen verloren hatten.

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