Großes Militärwaisenhaus zu Potsdam

Das Große Militärwaisenhaus zu Potsdam, später auch als „Potsdamsches Großes Waisenhaus“ bezeichnet, war eine von König Friedrich Wilhelm I. gestiftete Einrichtung des 18., 19. und 20. Jahrhunderts. Er schuf einen Ort, an dem Soldatenkinder und Kriegswaisen sowohl in einem angenehmen Umfeld leben konnten, als auch im schulischen und religiösen Sinne gelehrt wurden. Als Vorbild galten Stiftungen des angesehenen Halleschen Theologen August Hermann Francke, dessen Einrichtungen der König mehrfach für Inspirationen aufsuchte.

Den Grundstein des Waisenhauses legte man am 21. Mai 1722. Zwei Jahre später, am 1. November 1724 wurde die Einweihung gefeiert. Es nahm ab 1726 auch Mädchen auf und nur zehn Jahre später wohnten hier 1.350 Jungen und 150 Mädchen. Als Friedrich Wilhelm I. jedoch 1740 starb und sein Sohn Friedrich II. an die Macht kam, betrachtete dieser das Waisenhaus nur als Möglichkeit, billige Arbeitskräfte zu haben. Der Potsdamer Schutzjude Isaac Levin Joel machte sich dies zu Nutzen und schloss 1753 einen Vertrag mit dem Waisenhaus. Er erhielt im Waschhaus der Mädchenabteilung einen Raum, in dem er mit seinen 50 Lehrlingen arbeiten konnte. Die auszubildenden Mädchen nähten dort Manschetten und bestickten diese. Schon nach kurzer Zeit zog Joel in den Neubau der Lindenstraße und fing an, sein Sortiment auf Frauenröcke und Mützen zu erweitern. Die Kinder mussten in bis zu 35 wochenstündigen Schichten arbeiten; ihre Bildung wurde immer mehr vernachlässigt. Andere Zöglinge des Waisenhauses schickte man wegen Überfüllung aufs Land, kamen aber meist körperlich geschädigt zurück.

Diesem Schrecken wurde erst 1779 gesetzt, nach jahrelangem Ablehnen seitens des Königs. 1795 löste man schließlich die letzten Verträge mit Unternehmern. Nach der Veränderung der Schulordnung und der Gründung eines Kadettenabteils sowie einer Musikschule, schenkte Friedrich Wilhelm III. dem Waisenhaus 1827 Schloss Pretsch, in welches die Mädchenabteilung am 21. August 1829 einzog. Das Waisenhaus gründete im selben Jahr noch eine Handwerksschule, die sich 1845 aber wieder auflöst. An Stelle dessen wurde eine Militärschule ins Leben gerufen, in der man zunächst 20 und später 30 Schüler ausbildete. 1883 gründete Theodor Abb, ein frühere Bewohner des Waisenhauses, das „Korrespondenzblatt für ehemalige Zöglinge des Königlichen Großen Militärwaisenhaus zu Potsdam und Schloss Pretsch“. Um den Kontakt mit anderen Ehemaligen zu halten, gründeten selbige darüber hinaus noch einen „Bund ehemaliger Zöglinge“.

1899 erhielt das Waisenhaus noch eine neue Turnhalle und einen Schulgarten. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 übernahm das Preußische Wohlfahrtsministerium die Verwaltung des Hauses. Die vorher in Schloss Pretsch untergebrachte Mädchenabteilung zog 1923 in die leerstehenden Räume. Nach der Eingliederung des Waisenhauses in das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung im Jahr 1933 rückte die militärische Ausbildung der Zögling wieder in den Vordergrund. Ab 1940 mussten mehrere Klassenzüge evakuiert werden. 1942 stellte man außerdem den Ausbildungsplan so um, dass die Schüler sofort nach Schulabschluss in die Reichswehr gerufen werden konnten. Nach mehreren Luftangriffen auf die Stadt Potsdam im April 1945 folgte mit der Auflösung des Deutschen Reiches im Folgemonat auch die Auflösung des Waisenhauses.

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