Frederic Simon Tamm
Der Einsteinturm ist ein Sonnenobservatorium auf dem Potsdamer Telegraphenberg. Erbaut wurde er 1919 bis 1922 vom Architekten Erich Mendelsohn und ist heute UNESCO Weltkulturerbe.
Erich Mendelsohn wurde am 21. März 1887 in einer jüdischen, patriotisch deutschen Familie in Polen geboren. Mit 25 Jahren erhielt er nach seinem Studium in Berlin ein Architektendiplom in München. 1918 eröffnete er in Berlin-Charlottenburg sein erstes eigenes Büro und seine Architektenlaufbahn begann. Bekannt wurde der junge Architekt durch den Bau des Einsteinturms und der Hutfabrik in Luckenwalde.
Foto: Frederic Simon Tamm
Außerdem baute er viele Fabriken und Synagogen in dieser Zeit, zu deren Entwürfen er von anderen bereisten Bauwerken inspiriert wurde. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und sein Vermögen beschlagnahmten, floh Erich Mendelsohn nach England. Danach hatte er weitere berufliche Projekte in Palästina und Jerusalem. Sein restliches Leben verbrachte der berühmt gewordene Architekt in den USA, wo er am 15. September 1953 in San Francisco starb.
Erich Mendelsohn baute den Einsteinturm nur, weil er von Erwin Finley Freundlich darum gebeten wurde. Er war Astrophysiker in Potsdam und arbeitete eng mit dem berühmten Mathematiker und Physiker Albert Einstein zusammen. Dieser wurde am 14.3.1879 in Ulm geboren, lebte und forschte inzwischen aber in Berlin. Im Jahr 1911 hatte Einstein einen wichtigen Aufsatz auf dem Gebiet der Allgemeinen Relativitätstheorie veröffentlicht, deren Behauptungen nun bewiesen werden mussten. Daraufhin meldete sich Freundlich freiwillig, da ihn sein derzeitiger Beruf langweilte. Beide setzten sich für ein Sonnenobservatorium ein, das zum praktischen Nachweis der Relativitätstheorie mit einem Turmteleskop ausgestattet werden sollte. Errichtet werden sollte es in Potsdam, da es hier bessere Arbeitsbedingungen gab: es war nachts wesentlich dunkler. Außerdem war Potsdam nicht weit von Berlin entfernt.
Ab 1929 lebte Einstein in seinem Sommerhaus in Caputh, wo er ungestört und zurückgezogen seine Forschung weiterführte. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft und als kritischer Intellektueller war er jedoch zunehmend gefährdet. Von einer Forschungsreise in die USA Ende 1932 kehrte Albert Einstein nicht mehr nach Deutschland zurück. Er starb am 18. April 1955 in Princeton, USA. Aus Anlass seines 100.Geburtstages am 26. September 1978 wurde auf dem Telegraphenberg eine Gedenktafel enthüllt.
Als der Bau des Einsteinturmes durch die Behörden gestattet wurde, brauchten Einstein und Freundlich nur noch einen Architekten. Diesen lernte der Cello spielende Freundlich über die Cellistin und Ehefrau von Erich Mendelsohn, Luise Maas, kennen. 1919 begann Mendelsohn mit seinem Erstling, diesem Turm. Da die Bautechnik zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll ausgereift war, musste er zur Umsetzung seiner Baupläne einen speziellen Mischbau realisieren. Unterschiedliche Materialien, thermische Spannungen sowie die klimatischen Bedingungen auf dem Telegrafenberg führten bald zu zahlreichen Schäden, wie Rissen, Durchfeuchtungen und Rohrschäden. 1927 wurde eine Vollsanierung des Bauwerks notwendig, die aufgrund von Platzmangel gleichzeitig seine Erweiterung umfasste. Pilzbefall führte 1938 zur abermaligen Sanierung des Turms. Eine zweite Grundsanierung erfolgte 1940/41.
Die letzte Renovierung des Einsteinturms wurde 1997 bis 1999 durchgeführt. Heute ist das Leibniz-Institut für Astrophysik Besitzer und Nutzer des Einsteinturms, der immer noch als Observatorium genutzt wird und eine fähige Sonnenforschungsanlage ist.
Literatur:
Kurt Baller / Siegfried Lück: Gedenktafeln, -steine und Stelen in Potsdam, Barleben 2016, S. 15.
Hans Wilderotter (Hrsg.): Ein Turm für Albert Einstein. Potsdam. Das Licht und die Erforschung des Himmels [Begleitbuch zur Ausstellung], Potsdam 2005.
Ita Heinze-Greenberg: Erich Mendelsohn. „Bauen ist Glückseligkeit“, Berlin 2011.
Internet:
Potsdam Park Sanssouci, Einsteinturm, in: http://www.potsdam-park-sanssouci.de/einsteinturm.html (4.4.2019)
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, Sonnenobservatorium, in: https://www.aip.de/de/forschung/forschungsschwerpunkt-kmf/cosmic-magnetic-fields/sonnenphysik/optische-sonnenphysik/einsteinturm (4.4.2019)
Lebendiges Museum Online: Erich Mendelsohn 1887-1953, in: https://www.dhm.de/lemo/biografie/erich-mendelsohn (4.4.2019)
Beitragsbild: Bildpostkarte Potsdam, Einsteinturm. Hersteller: Unbekannt, um 1925 (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte