Bankhaus W. Kann

Justus Heinz Schneider

Familie Kann war eine der bekanntesten jüdischen Familien in Potsdam und besaß seit 1897 ein repräsentatives Haus in der Nauener Str. 32, in der heutigen Friedrich-Ebert-Str.113. Hier betrieben sie seit 1842 in drei Generationen das Bankhaus Kann. Das Haus befand sich gegenüber des jüdischen Gemeindehauses und der Synagoge. Errichtet wurde das zehnachsige Wohnhaus 1765 nach Plänen Carl von Gontards auf der Westseite der Nauenschen Plantage, die bis 1946 Wilhelmplatz hieß und dann in Platz der Einheit umbenannt wurde. Heute ist in diesem Gebäude die Geschäftsstelle der BBBank eG Potsdam untergebracht.

Das Bankhaus W. Kann gehörte als letztes dem Bankier Wilhelm jun. Kann. Er entstammte einer Familie aus Eberswalde, die Mitte des 19. Jahrhunderts nach Potsdam gezogen war. Die Bank wurde von dem Kaufmann Wilhelm sen. Kann gegründet. Dieser hatte drei Kinder mit seiner Frau Rebecca Schönfeld, die er 1842 heiratete. Das erste Kind dieser Ehe war Julius. Er wurde 1844 geboren und verstarb 1918. Das zweite Kind war Susette, die 1846 geboren wurde und ein Jahr später, also 1847 starb. Adolph, das letzte Kind der Ehe wurde erst 1859 geboren und starb 1915. Die Bank übernahm 1876 Julius Kann nach dem Tod seines Vaters Wilhelm Kann. Durch dieses Ereignis wurde dann auch das Familienbegräbnis in der Nordmauer des Jüdischen Friedhofs eingeweiht.

Albert Moores: Julius Kann mit seiner Schwester, © Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte

 

Julius Kann heiratete mit 33 Jahren die zu diesem Zeitpunkt noch recht junge Karoline Ahlfeld-Arndt, die 1859 geboren wurde. Sie war also zum Zeitpunkt der Heirat erst 18 Jahre. Diese wurde zwar in Bernburg geboren, aber von ihrer in Potsdam lebenden Tante Fanny Arndt adoptiert. Das junge Ehepaar lebte im Haus der Bank und sie wurden dann auch recht schnell Eltern. Sie bekamen sechs Kinder. Sie hießen Elisabeth, Margarete, Wilhelm, Albert, Gertrud und Charlotte.

Wilhelm Kann wurde am 17. November 1880 geboren. Er besuchte das damalige Königliche Viktoria-Gymnasium. Damals war das Schulgebäude in der Kurfürstenstraße ein Neubau. Er passte nicht so gut auf die Musterschule, da seine schulischen Leistungen nur genügend waren. Er begann eine Ausbildung im Betrieb der Familie, brach sie aber ab und arbeitete anderswo als Bankier weiter. Im Jahre 1918 übernahm er jedoch das Bankgeschäft, da sein Vater in diesem Jahr starb. Elf Jahre darauf scheiterte seine Ehe mit Henni Bernhard, die 1891 geboren wurde und 1943 starb. Gemeinsam hatten sie vier Kinder, die alle die NS-Zeit überlebten. Ihr erstes Kind war Gerhard, der 1911 geboren wurde und 1978 starb. Ihr zweites Kind namens Claire bekamen sie zwei Jahre später, die zwei Jahre nach ihrem Bruder Gerhard starb, dementsprechend also 1980. Ihr drittes Kind hieß Kurt und wurde wiederum zwei Jahre später, also 1915, geboren. Er starb allerdings als erstes Kind von Wilhelm Kann 1968. Das letzte Kind dieser Ehe war Hilde. Sie wurde 1919 geboren und starb dann erst 2009.

Zu Beginn der NS-Zeit musste das Bankhaus W. Kann schließen und wurde schon 1933 aus dem Handelsregister gestrichen. Aus diesem Grund übernahm Wilhelm Kann im gleichen Jahr viele unterschiedliche Handelsvertretungen. Das lag daran, dass die nationalsozialistischen Machthaber verstärkt gegen Juden vorgingen, und sie ab 1937 auch aus dem Wirtschaftsleben drängten.

Außerdem arbeitete Wilhelm Kann für die Potsdamer Synagogengemeinde und für die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland. Anfang 1940 wurde er zum Vorstandsmitglied der immer weiter schrumpfenden Jüdischen Gemeinde Potsdams gewählt. Nach dem Tod des Vorstandsvorsitzenden John Gersmann übernahm er außerdem Mitte Januar 1942 die Funktion des Vertrauensmanns der zum Verein degradierten Gemeinde. Bei dieser Aufgabe musste Wilhelm Kann der Staatspolizei zur Verfügung zu stehen und deren Anordnungen an die Juden der Stadt übermitteln. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum er in seiner ungeheizten Dachgeschosswohnung wohnen bleiben konnte. Trotzdem lebte er dort unter entwürdigenden Bedingungen. Zwar blieb ihm der Umzug nach Babelsberg in das „Jüdische Altersheim“ erspart, aber im Herbst 1943 wurden sein gesamtes Restvermögen und sein gesamter Besitz, darunter auch seine Wohnung, versteigert. Dies bekam Wilhelm Kann aber nicht mehr mit, weil er schon am 18. Juni 1943 als „Auswanderer“ polizeilich abgemeldet und nach Theresienstadt deportiert worden war. Potsdam galt nach seiner Deportation als „judenrein“.

Am 3. Juli 2008 wurde für Wilhelm Kann an seinem letzten freiwillig gewählten Wohnort, ein Stolperstein verlegt. Dieser befindet sich in der Friedrich-Ebert-Str. 113 direkt vor dem Eingang der BBBank eG Potsdam. Außerdem erinnert an ihn und seine ermordeten sowie an seine ins Exil getriebenen Geschwister ein großer Gedenkstein im Feld des Erbbegräbnisses der Familie am Pfingstberg.

Kurt, der Sohn von Henni und Wilhelm Kann, heiratete nach dem Krieg Sonja Kann. Von ihren drei Söhnen Kurt, Klaus und Michael wurde letzterer zu DDR-Zeiten Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor. Er setzte sich immer wieder mit der Judenverfolgung und mit vergleichbaren Tragödien der Geschichte auseinander. In der Medienwerkstatt Potsdam arbeitete er außerdem mit Kindern und Jugendlichen zusammen.

Literatur:

Vereinigung für Jüdische Studien e. V. (Hrsg.), in Redaktion von Anke Geißler-Grünberg: Spurensuche auf dem jüdischen Friedhof Potsdam. Eine Handreichung für den Unterricht, Potsdam ²2016, S. 38f.

Jana Haase: „Judenrein“, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, vom 02.07.2008.

Internet:

Landeshauptstadt Potsdam: Aktion Stolpersteine, in: https://www.potsdam.de/kategorie/aktion-stolpersteine/page/1/0 (04.04.2019)

Beitragsbild (kurzer Text): Justus Heinz Schneider

Beitragsbild: Siegel Bankhaus Kann (C) Potsdam Museum – Forum für Kunst und Geschichte